29 Jahre am Immanuel Krankenhaus Berlin

Dr. med. Rolf Hauer ist seit 1987 Leitender Oberarzt und Chefarztvertreter der Abteilung für Innere Medizin, Rheumatologie und Immunologie am Immanuel Krankenhaus Berlin am Standort Wannsee. Am 28.07.2016 wurde er nach 29 Jahren in großer Runde verabschiedet. Kolleginnen und Kollegen sowie Wegbegleiter stellten neben seiner herausragenden medizinischen Kompetenz als Rheumaspezialist seine besonderen Eigenschaften in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen: seine Ruhe, seine Besonnenheit, sein zuhören können, sein verstehen wollen, sein im Team denken.

Wir haben dieses Ergeignis zum Anlass genommen, ihn nach seiner Berufung als Arzt, seiner Zeit im Immanuel Krankenhaus Berlin und seinen Plänen für die Zukunft zu fragen.

Leitender Oberarzt Dr. med. Rolf Hauer bei seiner Verabschiedung am 28. Juli 2016

Leitender Oberarzt Dr. med. Rolf Hauer bei seiner Verabschiedung am 28. Juli 2016

Gibt es etwas, worauf Sie sich bei Ihrer Arbeit in den letzten 29 Jahren am Immanuel Krankenhaus Berlin täglich gefreut haben?
Gefreut habe ich mich auf die meist entspannte Arbeitsatmosphäre, die mir ermöglichte, meine ärztliche Tätigkeit selbstverantwortlich durchzuführen. Am Immanuel Krankenhaus Berlin konnte ich nach meinem Leitbild und nach meinen Vorstellungen Medizin für unsere Patienten machen, ohne von nicht-medizinischen Vorgaben beeinträchtigt zu sein. Das ist nicht überall selbstverständlich.

Auch der tägliche Arbeitsweg hat für mich sehr zur guten Lebensqualität beigetragen. Da ich in der Nähe wohne, kann ich zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit kommen, statt mit Auto oder Bahn. Beim Weg durch kleine grüne Nebenstraßen stimme ich mich auf dem Hinweg zur Arbeit mental auf den Tag ein und kann abends auch wieder gut abschalten.

Was werden Sie am meisten vermissen?
Viele meiner Patienten sind mir durch die langjährige Betreuung sehr ans Herz gewachsen. Aber auch die freundschaftlich-kollegiale Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal, den Physiotherapeuten und den ärztlichen Kollegen aller Abteilungen im Hause, nicht zuletzt mit der Naturheilkunde, wird mir fehlen.

Dank und Gaben an einen geschätzten Kollegen

Dank und Gaben an einen geschätzten Kollegen

Wollten Sie schon zu Beginn Ihres Studiums Arzt für Rheumatologie werden?
Eigentlich war es ein bloßer Zufall. Als junger Assistenzarzt an der Westend-Klinik der FU übernahm ich die Schwangerschaftsvertretung für eine Kollegin in der Rheuma-Sprechstunde. Die Arbeit gefiel mir und ich merkte, dass es mir auch lag, mit chronisch Kranken zu arbeiten. Durch den medizinischen Fortschritt in der Rheumatologie ist es nie langweilig geworden. Die Behandlungsmöglichkeiten haben sich seit damals glücklicherweise sehr entwickelt – mit neuen Medikamenten und Operationsmöglichkeiten. Besonders dank der modernen Biologika hat die Rheumatherapie große Fortschritte gemacht. Als ich vor fast 35 Jahren angefangen habe, kamen noch viele Patienten im Rollstuhl zu mir oder waren schwerstbehindert. Heute kommt das nur noch sehr selten vor und sogar die Funktion der Hände kann man oft voll erhalten.

Sie haben Auslandsaufenthalte als Gastarzt am Inselspital Bern (Schweiz), in der Universitätsklinik Leuven (Belgien) und in der Rheumaklinik Bath (GB) absolviert. Was nahmen Sie von der Erfahrung mit ans Immanuel Krankenhaus Berlin?
Das Zusammenspiel von ambulanter und stationärer Rheumatologie gab es das damals in Deutschland noch nicht in der selben Form wie heute. Da war man im Ausland viel weiter. Deshalb konnte ich viel mitnehmen für die ambulante Versorgung der Patienten in der Rheumasprechstunde am Immanuel Krankenhaus Berlin.

Ihr Wahlspruch lautet „Der Patient als Partner“. Warum haben Sie gerade dieses Motto ausgesucht?
Besonders bei chronisch Kranken ist Therapietreue ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wenn es gelingt, Vertrauen aufzubauen, berichten die Patienten offen, wenn sie eine Therapie ablehnen und man kann zusammen einen sinnvollen neuen Weg erarbeiten. Früher ging man einseitig vom kooperativen Verhalten des Patienten bei der Therapie aus, von der „Compliance“. Heute nennt man den Grad, zu dem der Patient seinen Behandlungsplan einhält „Adhärenz“. Damit stärkt man die Vorstellung, dass man mit dem Patienten als Team zusammenarbeiten muss: bei Physio-, Ergotherapie oder Medikamenteneinnahme. Rheumapatienten müssen oft gegen eigene Widerstände und Schmerzen Übungen machen, statt Vermeidungsstrategien zu fahren. Erfolgreiche Therapien sind deshalb fast nur in der Partnerschaft mit dem Patienten möglich. Aber immer klappt es natürlich nicht, weil man dafür zwei Leute braucht.

Auf neue Zeit freuen - die Geschichten der Patienten vermissen

Auf neue Zeit freuen – die Geschichten der Patienten vermissen

Welcher medizinische Fall ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Da gibt es einen sehr positiven und einen sehr traurigen Fall: Eine meiner Patientinnen, die an einer sehr schweren Rheumatoiden Arthritis erkrankt ist, entwickelte über die Jahre zusätzlich die seltene entzündliche Muskelerkrankung Polymyositis. Sie hatte durch ihre Krankheiten besonders an den Händen starke Beeinträchtigungen. Durch ihre positive Einstellung zum Leben und die erfolgreiche Therapie konnte sie jedoch all das kompensieren. Sie ist voll berufstätig und fehlt kaum einen Tag bei der Arbeit. Sie ist als Patientin wirklich Partner und hat eine beeindruckende Krankheitsbewältigung.

Sehr selten nimmt eine Rheumatoide Arthritis einen tragischen Verlauf. So musste ich den singulären Fall einer Patientin erleben, die plötzlich eine Herzklappenentzündung entwickelte und innerhalb kürzester Zeit verstarb. So etwas ist ungeheuer selten, kann aber natürlich vorkommen.

Haben Sie Pläne für den Ruhestand, die Sie uns verraten wollen?
In erster Linie freue ich mich darauf, mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen. Und ich werde mehr Musik machen. Ich bin Sänger beim Chor International in Potsdam. Wir singen ein buntes Programm von geistlicher und klassischer Musik bis hin zur Folkmusik. Außerdem werde ich mich meiner Segelsportbegeisterung widmen und möchte mit meiner Frau Reisen ins In- und Ausland unternehmen.

So ganz möchte ich meine Erfahrung auch noch nicht ad acta legen und noch die ein oder andere Praxisvertretung übernehmen und Sozialgerichtsgutachten erstellen. Und dann sind da noch zwei Doktoranden, die ich bei Ihrer Arbeit betreue. Aber alles nur noch im begrenzten Rahmen.

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